Nach langer Zeit berichten die Gazetten des linken Spektrums seit letztem Jahr gerne mal wieder über den inzwischen deutlich manifestierten Rechtsruck des Dachverbandes der Burschenschaften, an deren Jahrestreffen Themen wie eine "deutsche Abstammung" der Bundesbrüder erörtert werden müssen, und in Vorträgen über Widerständler im Dritten Reich auch schon mal der Begriff "Landesverräter" im Raum steht.
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Ferdinand Hodler, Auszug der Jenaer Freikorpsstudenten im Befreiungskrieg gegen Napoleon |
In den Urburschen-schaften übernahmen bald nationale Spintisierer wie "Turnvater Jahn" das Wort und schon 1820 erklärte man Anwärter jüdischer Abstammung für "nicht aufnahmefähig". Kotzebue wurde 1819 als "ausländischer Spion" ermordet, und Heinrich Heine amüsierte sich bevor er austrat über in seiner Burschenschaft eifrig verfasste Proskiptionslisten, nach denen auch Bürger mit entfernter französischer Verwandtschaft inhaftiert werden sollten.
Alles deutet darauf hin, dass schon die Kameraden der Urburschenschaften nicht zu den hellsten Geisteslichtern am Firmament gehörten, und auch dieser Tradition blieb man treu, neben dem exzessiven Biersaufen, für dessen Folgen in vielen "Häusern" auch heute noch in den Toiletten neben dem Waschbecken ein etwa brusthohes "Vomitorium" mit Haltegriffen an der Wand und einem dicken Ablaufrohr (aber ohne fallhemmenden Geruchsverschluss) existiert.


Die Burschen fanden nach der Katastrophe des ersten großen Krieges schnell wieder ihren Konsens in nationalen Rachegedanken und nahmen, wie historische Filmaufnahmen zeigen, gerne und stolz an Fackelzügen und Bücherverbrennungen der SA teil.
Nach ihrer Selbstauflösung im Dritten Reich und in den ersten Jahrzehnten danach hielten sich diese zurecht medienscheuen Sonderlinge mit öffentlichem nationalem Gegrunze deutlich zurück und fanden nicht gar so viel Nachwuchs für ihre Karnevalssitzungen.
In manche Verbindung schlich sich sogar reformerisches Gedankengut wie etwa die Abkehr vom Schlagen zum Singen oder gar ein offenerer Umgang mit den Schnitten ein.
In manche Verbindung schlich sich sogar reformerisches Gedankengut wie etwa die Abkehr vom Schlagen zum Singen oder gar ein offenerer Umgang mit den Schnitten ein.
Nach Jahren dieses Geplänkels mit liberalen und modernistischen Strömungen ist die neue Generation der akademischen Stiernacken und Herrenmenschen wieder in Einigkeit geschlossen. Die junge Generation, von historischen Skrupeln und auch sonstiger Allgemeinbildung weniger denn je belastet aber nichtsdestoweniger oder gerade deshalb umso selbstbewusster pupt und ramentert herum, dass die "Alten Herren" nur so schwärmen.
Es funktioniert wie seit je her. Der einsame Jura-Erstsemester aus situiertem deutschem Haus, noch von der Pubertät und überhaupt weltanschaulich verunsichert, findet ein Zimmer, den Halt der Gruppe, selbstbewusste Vorbilder und eine stabile Weltsicht im Korps. Der schlanke Jüngling reift zum konturlosen Schwemmkopf und Parolennachbeter heran, und die Welt außerhalb des Konvents ist ihm suspekt und schäbig. Im Chor mit seinesgleichen erlebt er das berauschende Machtgefühl, das alle seine persönlichen Unsicherheiten wegkompensiert. Revanchismus und andere brunzdumme -ismen werden wider besseres Wissen zur Weltanschauung hochgelogen, und da es für jede Einigkeit auch Widersacher braucht, sind neben den unterprivilegierten Schichten und Progressiven mal wieder die Juden dran.
Via NPD lässt sich den Rotten der sonst verabscheuten Kahlschädel und Totschläger der geistige Überbau bieten. Strafverteidiger brauchen sie auch früher oder später.
Der moralische Aspekt dieser Posse langweilt, schliesslich funktionieren diese Mechanismen schon seit Viehzucht und Ackerbau; ärgerlich sind nur der kollektive Selbstbetrug zum eigenen Vorteil und die Verweigerung von Einsichten unter diesen "Akademikern".