Friedrich Torberg, "Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" 1975.Verlag Langen Müller, inzwischen in der mindestens 27. Auflage.
Ein Sammlung von Anekdoten aus dem Wien und Prag der Zwanziger Jahre; süffisante Geschichtchen über Originale der größtenteils jüdischen Intelligenzia und Kulturszene, von maßlosen Fressorgien, Kaffeehäusern, Zeitungsleuten, Marotten und unschlagbaren Bonmots, gesammelt von einem der letzten noch lebenden Zeugen einer gewaltsam beseitigten Welt.
Torberg war einer der wenigen Emigranten, die nach dem Krieg wieder nach Wien zurückkamen.

FriedrichTorberg (1908-1979). Letzter Kaffeehausliterat. Tschechischer Wasserballmeister 1928. Schriftsteller ("Schüler Gerber"), Publizist, Herausgeber, Qualitätsjournalist. Säkularer Jude. Zionist. Antikommunist.
Auszüge gefällig?
Tante Jolesch sagt: "Was ein Mann schöner ist wie ein Aff' is a Luxus."
Eine kurze weil teure Depeche aus der Sommerfrische an die Daheimgebliebenen: "Seid besorgt, Brief folgt!"
Der Wirt vom "Neugröschl" (in Abwandlung der römischen Maxime "oderint dum metuant"), seine angehobenen Preise betreffend: "Schimpferint dum zahleant!"
Unvergesslich auch die Beschreibung eines typischen Gastmahles zweier jacobsistersartiger Schwestern, vortrefflicher Köchinnen hochkaloriger Speisen. Nachdem sie mit zierlichem Trippeln Platte auf Platte aus der Küche aufgetischt hatten, hingen die Gäste um Atem ringend in ihren Stühlen und mussten Kühlung zugefächelt bekommen.
Torberg zitierte auch gerne seine jüdischen Landsleute, etwa wenn sie sich beim nachmittäglichen Kartenspiel gegenseitig injurierten, "du jüdische Missgeburt, welches Ghetto hat dich ausgespieen..."
Aber genug, lest selbst.